Von wegen „jede Jeck is anders“

Schön wär's gewesen

Den Kölner Karneval und mich, den „Immi“, verbindet eine Jahrzehnte lange Hassliebe. Zart fingen unsere Bande vor über 15 Jahre an. Verkleiden war da für mich noch eher ein No-Go und die Techno-Open-Air Partys zu Weiberfastnacht im Kölner Jugendpark das Höchste der Gefühle. Die nächste Stufe der Assimilierung war ein paar Jahre drauf der regelmäßige Besuch des Geisterzugs, später dann auch immer ein (!) Abend in einer Kneipe der Wahl meiner Freunde. Da dann immerhin schon halbherzig ab Hals aufwärts verkleidet. Alles andere war in dem Gedränge eh vergebene Liebesmüh.

Vollends erwischt hat es mich dann als meine Kinder alt genug für das närrische Treiben wurden. An Weiberfastnacht wurde der Besuch eines Bürgerzentrums nach dem Kindergarten / Schule obligatorisch, der Veedelszoch am Dienstag sowieso. Und seit ein paar Jahren gehe ich Freitags immer wieder an den selben Ort zum feiern. Inzwischen bin ich da also auch zu einem Traditionalisten geworden. Und auch in diesem Jahr habe ich wieder viele wunderbare Momente der herzlichen Ausgelassenheit erlebt, wegen denen man ja gemeinhin so Karneval feiert.

Doch gibt es da eine Sache, bei der ich mich höchst unwohl fühle. Das ist die typische kölsche Selbstbesoffenheit. Wenn im Bürgerzentrum ein drittel der Männer als Piraten verkleidet sind und lauthals „Piraten wild und frei“ singen, dann schüttelt es mich innerlich. Eine kritische Menge an Männern, die allesamt das gleiche Kostüm tragen, welches inzwischen an Phantasielosigkeit nicht mehr zu überbieten ist, mögen alles mögliche sein. Aber wild und frei kommen sie mir in dem Einheitskostüm nicht vor. Und dann zwei Stunden lang immer Köln besingen, kein Refrain ohne das K-Wort. Sich gegenseitig immer wieder aufs neue versichern, wie wahnsinnig tolerant und weltoffen unser Kölle doch ist. Das ist für mich dann doch zu viel des Guten.

Andererseits: jeder Jeck ist anders, auch wenn sie alle gleich aussehen. Der Spaß sei ihnen also gegönnt. Ich bin ja auch nur ein Immi und die Assimilation ist ein schleichender Prozess. Wer weiß wie ich das in weiteren 10 Jahren sehe.