Wieso tu ich mir das (immer noch) an?
Gedanken zu #ccmusic und ihren Freunden
[Read the english version here]
In diesem Jahr 2024 habe ich mich fast ausschließlich der Pflege eines Familienmitglieds gewidmet. Das hat viele existenzielle Fragen bei mir aufgeworfen und ich habe keine Zeit gefunden, sie zu beantworten, geschweige denn überhaupt einmal klar zu formulieren. Hier also der Versuch eines Anfangs.
Nach wie vor fühle ich mich dem Gedanken des freien Zugangs zu Kultur verpflichtet. Im besonderen der #ccmusic Szene, also all den Menschen, die Musik unter einer Creative Commons Lizenz veröffentlichen. Nennt es Netaudio, Netlabels, was auch immer. Ich mag #ccmusic, das hat sich als Hashtag etabliert. Und ich mag auch die Idee des „Free Culture Movements“. Und ich mag auch die Idee der „friends of ccmusic“ – eine Gruppe die sich gerade formiert.
Aber wieso mag ich das? Wieso stecke ich (immer noch) sehr viel Energie hinein, Musik kostenlos zur Verfügung zu stellen? Was habe ich davon?
Ich bin inzwischen zu der Überzeugung gekommen, dass dies völlig falsche Frage sind. Wenn ich lange genug in mich hinein höre, läuft bei mir alles auf die eine Frage hinaus:
In was für einer Welt möchte ich leben?
Darauf habe ich hier in diesem Blog schon öfters eine Antwort gegeben. Und wenig überraschend ist der „Free Culture“ Gedanke ein Teil der Antwort. Denn ich möchte in einer Welt leben, in der Fans nicht sofort verklagt werden, wenn sie das tun, was Fans eben so tun: nämlich in ihrer Begeisterung für Musik selber mit der Musik (oder den Fotos, Videos) ihrer Stars etwas für sich und die anderen Fans zu erschaffen. Was für einen Sinn hätte sonst ein Fanclub?
Kleine Randbemerkung: Ich bin übrigens fest davon überzeugt, dass wir weniger Probleme mit Faschisten hätten, wenn junge Menschen wieder das Gefühl hätten, selber etwas tun zu können, was über das bloße konsumieren hinaus geht, also selber etwas (er)schaffen könnten.
Es geht um Selbstermächtigung.
Es gilt der brutalen asozialen Logik des neoliberalen Kapitalismus etwas entgegen zu setzen.
Aha, Revolution, Umsturz, Randale, ick hör Dir trapsen.
Nein, eher nicht. Machen wir uns nichts vor. Das System ist so wie es ist und wir werden da so schnell nicht raus kommen. Aber das kann uns eigentlich auch egal sein, wenn wir es schaffen unser eigenes Ding zu machen. So gut und so nett wie es eben geht. Mit unseren Freunden. Denn meine Hoffnung ist nach wie vor, dass Veränderungen Zeit brauchen, sich entwickeln müssen und es statt einem „Dagegen“ ein ganz starkes Gegenangebot im Sinne eines „Dafür“ braucht. Versucht mal eure Kids vom Smartphone wegzukriegen ohne ein attraktives Angebot zu machen. Mit „lies doch mal ein Buch“ kommt ihr da nicht weit.
Friends of ccmusic
Im Januar werden sich die Friends of ccmusic gründen. In welcher Form auch immer, die Vorbereitungen laufen. Wer mag kommt zur nächsten Besprechung am Sonntag, den 8. Dezember.
Das ist genau mein Ding. Eine Gruppe von netten Menschen, einige nennen ich gerne auch meine Freunde, die gemeinsam versuchen, selbst etwas auf die Beine zu stellen. Aber mit welchem Ziel? Das ist die Gretchenfrage, wie wir hier in good old germany gerne sagen. Doug Whitfield hat da gerade einen schönen Blogpost zu geschrieben. Und ich möchte mich ihm hier anschliessen.
Ein konkretes, meßbares Ziel sollte formuliert werden. Ich mache selbst zu oft den Fehler, die Dinge einfach zu tun, weil ich sie eben tu, ohne mich zu fragen, was da am Ende herauskommen soll. Nicht alles muß ein Ziel haben. Gerade in einem kreativen Prozeß ist das spielerische, ziellose Machen ungeheuer wertvoll. Aber wenn ich wir uns zu einer Gruppe zusammenschließen, sollten wir uns schon irgendwann darüber einige werden was wir eigentlich erreichen wollen und was wir konkret tun, um das zu erreichen. Das kann ja auch gerne in ganz kleinen Schritten geschehen. Aber es sollte konkret sein. Und meßbar. Um bewerten zu können, ob wir uns immer noch auf dem Weg zum Ziel befinden oder den Kurs anpassen müssen.
Dazu gehört auch, sich darüber klar zu werden in was für einer Nische wir uns befinden. Doug hat sehr schön darauf hingewiesen, dass wir die großen Plattformen so schnell nicht stürzen werden. Aber ich denke, wir können ein attraktives Gegenangebot machen. Jetzt also „Butter bei die Fische“, hier kommen meine Ideen.
Mögliche Ziele der Friends of ccmusic
Die Friends of ccmusic fühlen sich dem Gedanken des „Free Culture Movement“ verpflichtet. Wir möchten dazu beitragen, dass alle Menschen die „etwas mit Musik“ machen dazu in die Lage versetzt werden, dies frei und selbstbestimmt ohne Zwänge zu tun, mit den Mitteln, die ihnen dafür passend erscheinen. Wir möchten auch eine Gegenangebot zu der marktwirtschaftlichen Logik der Musikindustrie und ihren Plattformen machen. Unser Ziel ist es, das Kreative in „Creative Commons“ wieder mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Dazu wenden wir uns auch an Musiker:innen, die bisher wenig mit Creative Commons in Berührung gekommen sind.
Unser Ziel ist die Stärkung einer Kreativ Allmende im Bereich der Musik. Dies geschieht insbesondere durch:
- Die Veranstaltung und Förderung von Barcamps, Konferenzen, Konzerten, Workshops, Vorträgen, Diskussionsrunden, und Veranstaltungen ähnlicher Art.
- Die Herausgabe von Informationsmaterialien in digitaler und gedruckter Form, z.B. eine Infobroschüre für Musiker:innen „Warum es Sinn macht CC-Lizenzen zu nutzen“.
- Eine Webseite, auf der wir folgende Inhalte zur Verfügung stellen:
- Ein Werkzeugkasten mit Webtools, die nötig sind um eigene Ideen zu verwirklichen. Es gibt eine kuratierte Liste mit Anleitungen, Tutorials, Ressourcen, etc. Dies auch in Zusammenarbeit mit der OER Community (OER = Open Educational Ressources).
- Eine Übersicht über Quellen von #ccmusic im Netz, sprich Netlabels, Blogs, Podcasts, etc.
- Eine F.A.Q. für Musiker:innen
- Ein Musikmagazin / Blog mit Reviews von Alben, Interwiews und News aus der Welt der #ccmusic.
- Die Kooperation mit anderen Vereinigungen, deren Zweck die Stärkung der Creative Commons (Kreativ Allmende) ist.
Und wer soll das alles machen?
Jetzt bin ich in meinem mittelalten Leichtsinn doch wieder übers Ziel (sic!) hinaus geschossen. Das alles ist natürlich überhaupt nicht zu leisten. Aber ich finde es ist eine schöne Vision, die wir ja im Hinterkopf behalten können.
Als ersten Schritt finde ich die Idee eines Flyers / Infobroschüre gut, die sich explizit an Musiker:innen richten, um sie über Creative Commons zu informieren. Das ist ist etwas was ich hier in Köln schon ganz lange machen möchte. Dazu habe ich auch viele Gespräche mit Bands geführt, die sich selbst in einer linken Musikszene verorten, aber nicht unter Creative Commons veröffentlichen. Die möchte ich erreichen. Und ich gebe mir jetzt einfach mal selber den Arbeitsauftrag, das im ersten Quartal 2025 umzusetzen.
Kotti, ich verlaß mich auf Deine Hilfe…
1 Meinung dazu
[…] Drüben bei FC Stoffel habe ich letztens davon erfahren, dass sich im Januar nächsten Jahres die „friends of ccmusic“ gründen werden. […]